bauhausbuch 06
theo van doesburg
grundbegriffe der neuen gestaltenden kunst
1925
schriftleitung walter gropius
l. moholy-nagy
Ein Laienbrevier elementarer Kunst. Als Versuch lobenswert, als Resultat nicht überzeugend. Richtige Ausscheidung der Ausdrucksmittel von Malerei, Plastik, Architektur. Richtige Deutung historischer Kunstwerke von »Ägypten« bis »Picasso«. Gefährlich die vorgeführten Transfigurationen einer Kuh (Abb. 5-8) und einer Landschaft (Abb. 16, 17) und die Erklärung neoplastischer Kunstwerke als direkte Umbildungen des optischen Natureindruckes. Die abgebildeten Architekturentwürfe sind komponierte Plastiken; sind sie deshalb »Architektur«?
”
ÄSTHETISCHE TRANSFIGURATION EINES GEGENSTANDES
Abb.05 Photographische Darstellung.
Abb.06 Formgebundene Akzentuierung von Verhältnissen,
Abb.07 Aufhebung der Form.
Abb.08 Bild
Abb.16 Theo van Doesburg, Studie, 1916
Abb.17 Theo van Doesburg, Bild, 1916
Abb. 10 Georges Vantongerloo, Plastik 11, 1918
Abb. 11 Theo van Doesburg, Cornelius van Eesteren: Künstlerhaus mit Atelier 1923
EINLEITUNG
Es müssen allgemein verständliche elementare Grundbegriffe der bildenden Kunst aufgestellt werden, was hier versucht wird.
ERSTES KAPITEL
DAS WESEN DER BILDENDEN KUNST
I. Alles, was uns umgibt, ist Ausdruck des Lebens. Alles, was lebt, hat bewusste oder unbewusste Erfahrung seiner Umwelt.
II. Bewusst oder unbewusst macht sich jedes Geschöpf seine Lebenserfahrungen zunutze.
III. Wir können innerhalb der Realitätserfahrung von den einfachsten Organismen bis hinauf zu den entwickeltesten Individuen drei Arten von Erfahrung unterscheiden:
a) die sinnliche (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen),
b) die psychische,
c) die geistige.
IV. Einspürung* und Lebenserfahrung bestimmen einander wechselseitig.
*Würde den Begriff heute mit "Einfühlungsvermögen" übersetzen
V. Ist die Lebenserfahrung geistig, d. h. beschränkt sich die Umwelterfahrung nicht ausschließlich auf das Sinnliche oder das Psychische, so wird die Rückwirkung der Lebenserfahrung entsprechen
VI. In dieser gestaltenden Reaktion unserer aktiven Realitätserfahrung liegt das Wesen und die Ursache aller Kunst.
VII. Das Kunstwerk ist die Ausdrucks- oder Gestaltungsform dieser geistigen aktiven Realitätserfahrung.
ZWEITES KAPITEL
DIE ÄSTHETISCHE ERFAHRUNG
VIII. Alle Künste haben gleichartigen Inhalt. Nur Ausdrucksweise und Ausdrucksmittel sind verschieden.
IX. Ästhetische Erfahrung und Ausdruck dieser Erfahrung bedingen einander wechselseitig.
X. Die ästhetische Erfahrung drückt sich aus in Verhältnissen.
XI. Diese Verhältnisse werden offenbar innerhalb des jeder Kunstart eigenen Ausdrucksmittels.
XII. Die stärkste Ausdrucksform jeder Kunst liegt in der ausschließlichen Verwendung der ihr eigenen Mittel.
XIII. In der ästhetischen Erfahrung wird die gegenständliche Naturerscheinung des Erfahrungsobjekts um so mehr vernichtet, je stärker die ästhetische Erfahrung ist.
XIV. Im ästhetischen Erlebnis wird individualistische Differenz zur organischen Indifferenz.
XIV. Im ästhetischen Erlebnis wird individualistische Differenz zur organischen Indifferenz.
XVI. Der ästhetische Wert eines Kunstwerks ist abhängig vom Grade der Bestimmtheit der ästhetischen Akzente.
DRITTES KAPITEL
DIE GEMISCHT-ÄSTHETISCHE ERFAHRUNG
VIERTES KAPITEL
AUSDRUCK UND AUSDRUCKSMITTEL DER ÄSTHETISCHEN ERFAHRUNG.
XVII. Nur die aktive schöpferische Erfahrung kann ein Kunstwerk erzeugen, nicht aber die passive.
XVIII. Die passive Erfahrung kann nur eine Wiederholung oder Verdoppelung des Erfahrungsobjekts hervorbringen.
XIX. Eine unmittelbare Verwirklichung, eine exakte Ausdrucksform kann der Künstler nur durch sein Gestaltungsmittel und aus diesem heraus zustande bringen.
XIX. Eine unmittelbare Verwirklichung, eine exakte Ausdrucksform kann der Künstler nur durch sein Gestaltungsmittel und aus diesem heraus zustande bringen.
FÜNFTES KAPITEL
DAS VERHÄLTNIS DES BETRACHTERS ZUM KUNSTWERK
XXI Das ästhetische Erfassen eines exakt bildenden Kunstwerks ist nur möglich, wenn der Betrachter überhaupt ästhetische Beziehung zu Kunstwerken hat.
Titelgestaltung Theo van Doesburg
Abb.1 Das elementare Ausdrucksmittel der Malerei
Abb.31 Theo van Doesburg, Cornelius van Eesteren, Modell für eine Villa 1923
”
BAUHAUSBUCH 06
THEO VAN DOESBURG
GRUNDBEGRIFFE
DER NEUEN GESTALTENDEN KUNST
schriftleitung
walter gropius
l. moholy-nagy
1925
Ein Laienbrevier elementarer Kunst. Als Versuch lobenswert, als Resultat nicht überzeugend. Richtige Ausscheidung der Ausdrucksmittel von Malerei, Plastik, Architektur. Richtige Deutung historischer Kunstwerke von »Ägypten« bis »Picasso«. Gefährlich die vorgeführten Transfigurationen einer Kuh (Abb. 5-8) und einer Landschaft (Abb. 16, 17) und die Erklärung neoplastischer Kunstwerke als direkte Umbildungen des optischen Natureindruckes. Die abgebildeten Architekturentwürfe sind komponierte Plastiken; sind sie deshalb »Architektur«?